Berlin Berlin

Ich komm aus Muschi du Kreuzberg.

Nachdem ich mir über zwei Jahre lang vorgenommen hatte, Berlin mal zu erkunden war’s 2014 endlich mal soweit. Aus einem spontanen Ausflug in die Hauptstadt wurde plötzlich ein Monat. Bei diesem langen Aufenthalt hatte ich mehr als genug Zeit mir ein recht ausführliches Bild von Berlin zu machen.

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Zwischen Dreck und Startups

Auf der einen Seite ist Berlin ein wahres Eldorado für Technik- und Startupnerds. Hier finden sich neben den bekannten Großen die kleinen Aufsteigenden zusammen um gemeinsam um die Gunst der Investoren zu buhlen. Bitcoins waren hier schon im Umlauf als die restliche Welt noch nicht mal von deren Existenz wusste.

Auf der anderen Seite ist die ganze Szene dermaßen überlaufen, dass es fast schon unmöglich scheint einen ordentlichen Job zu kriegen, wenn man sich nicht unbedingt bereit erklärt bei einem Hungerlohn 60h / Woche zu arbeiten. Gibt es doch immer jemand anderen der dieselbe Arbeit für weniger Geld machen würde.

Wer sich daran nicht stört bekommt in Berlin die Möglichkeit zwischen den vielen Parties bei einem Diskussions-Slam im Späti mit seinen Kollegen die Zukunft der modernen Technologie mitzubestimmen und dabei auch noch Sterni zu trinken (Billo-Bier, Anmerkung der Redaktion).

In Berlin hat man übrigens ständig den Eindruck man müsse hochgradig unter Koffeineinfluss stehen. An jeder Ecke gibt es Club Mate, Fritz Kola („viel viel Koffein“) und im Spätkauf bekommt man weiße Pulverpäckchen mit 2g „Coffaina“ – die Wortverwandtheit zum Kokain ist wohl bewusst gewählt. Koffeinüberflutung pur. Das braucht man hier allerdings auch bei dem straffen Zeitplan!

 Ich bin hart, aber Berlin ist härter!

Ja, Berlin ist die grünste Hauptstadt der Welt (gemessen an Bäumen pro Einwohner) und beherbergt rund 2.500 Parks (Statistik entnommen aus der unfehlbaren Quelle Google), die Stadt hat aber auch genauso viele hässliche und dreckige Seiten, die eine Umgestaltung dringend benötigen könnten. Man könnte die vielen tollen Grünflächen deshalb wohl auch ohne weiteres „verlogen“ nennen.

Vegan Hipster City

Bist du nicht Hip, fliegst du raus. So, oder so ähnlich könnte ein Werbeslogan – über deren positiven Effekt man streiten kann – für die Stadt Berlin lauten. Oder Tiere essen. Das ist hier ganz böse. Oder anders rum: zum guten Ton gehört es, seine Wurst möglichst als vegane Tofu-Variante mit selbstgemachtem Hummus zu verspeisen. Dazu wird bei krassen Beats am Mauerpark um 10 Uhr morgens nach dem Feiern in der Sonne gechillt. In Birkenstock Sandalen, versteht sich.

„Lass ma Döner“, ist um die Zeit dann wohl die hippe Variante des fleischlosen Gegenstücks, denn korrektes Hochdeutsch ist hier wohl auch nicht gern gesehen.

Stadt im Wandel

Schön an Berlin ist die Vielfältigkeit und „künstlerische Freiheit“. Hier kann man machen was man will. Niemand guckt einen deshalb schief an. Außerdem ist immer irgendwo irgendwas los, da wird einem bestimmt nie langweilig.

Die Stadt ist im Wandel, und das zu jeder Tag- und Nachtzeit. Das mag zwar auf Anhieb gut gefallen, kann mit der Zeit aber auch recht anstrengend werden. Sucht man nämlich mal Ruhe und legt sich für zwei Wochen auf die faule Haut wird man gleich wieder beschuldigt „man mache doch nichts“. Sowas ist hier verpönt und geht gar nicht! Wer nicht mindestens an drei Startups mitwirkt, seinen Fashion-Blog betreibt und nebenher noch ganz locker die Welt rettet ist langweilig. Paradoxerweise gilt (und ich darf zitieren):

Was man in Berlin halt so macht: Studium angefangen, Studium abgebrochen. Jo… jetzt mal gucken.

Auf jeden Fall ist Berlin mal eine Reise Wert. Und sei es nur um am Checkpoint Charlie mit der Wache ein hippes Touri-Selfie zu schießen.

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  • abc

    Das ist alles ziemlich prätentiöser mist. wenn du meinst berlin nach nem monat zu durchblicken, dann bist du wohl schlicht ignorant. 1. kann man sich auch mit anderen leuten umgeben, als super schnellebigen hipstern und den letzten asis mit migrationshintergrund. 2. sprechen die meisten leute in berlin, von letzteren eben genannten TEILWEISE abgesehen, durchaus sehr gutes hochdeutsch. (der satz „ich hab nichts gegen türken, aber…“ könnte auch auf einem AfD parteitag fallen) 3. warum ist es denn bitte verlogen, dass die stadt viele grünflächen hat, aber an anderen ecken nicht ganz durchgentrifiziert ist? das ergibt überhaupt keinen sinn. 4. kenne ich z.b. (!) genug burgerläden (nicht mäces oder ähnlicher mist), bei denen es sehr wohl sehr leckeres fleisch gibt, und die auch ziemlich angesagt sind. 5. wenn du nur mit super schnellebigen leuten rumhängst, die auch noch arschgeigen sind, dann mag das vielleicht zutreffen, dass sie dich für langweilig halten, wenn du dich mal ausruhst. das du das überhaupt getan hast bezweifle ich aber stark, du warst ja nur einen monat in berlin und fandest es so anstrengend.

    mit sicherheit würden mir bei nochmaligem lesen noch ein paar dinge einfallen, aber für jetzt soll es einfach mal genügen.
    denk mal darüber nach, ob es sinvoll ist, eine stadt nur einen monat lang zu erleben (da verlässt man seinen touristenmodus doch nicht), und dann blind einfach alle klischees abzubilden. teilweise mag das zwar zutreffen, vor allem aber ist das stereotyper bockmist. ich weiß nicht ob du dich geil fühlen willst, weil du platt über die stadt herziehst, oder ob du das klischee gelebt hast und jetzt ausschlachtest.

    liebe grüße, ein berliner (ja auch hier geboren, also keine dämlichen kommentare bitte)

    • Marlene

      Schade, dass viele Leute gleich alles so bierernst nehmen müssen und anonym gleich jemanden der seine freie Meinung äußert, angreifen. Um nur ein paar Punkte aufzufassen: in dem Artikel hat doch niemand behauptet, man hätte den total Durchblick von der Stadt. Und den Satz ‚denk mal darüber nach, ob es sinvoll ist, eine stadt nur einen monat lang zu erleben (da verlässt man seinen touristenmodus doch nicht)‘ finde ich vollkommen lächerlich bis peinlich. Da würde ich mir überlegen ob der Satz von dir sinnvoll war.

    • firsara

      Wenn du dich mit meinen Artikel angegriffen gefühlt hast, tut mir das leid, das war nicht meine Absicht. Allerdings muss ich dazu sagen dass ich bei meinem Aufenthalt größtenteils mit gebürtigen Berlinern unterwegs war, die nebenbei gesagt die angesprochenen Klischees (wie du sie selbst nennst) absolut nicht widerspiegeln. Ich hab‘ also auch eine andere Seite der Stadt gelebt und gesehen.

      Klischees kommen ja nicht von ungefähr, die haben dann doch meist einen wahren Charakter. So gesehen kann das hier wohl nicht absoluter Bockmist sein. Noch dazu konnten mir diese die Ansässigen, mit denen ich meine unangestrengte Zeit verbrachte, bestätigen und auch in anderen Artikeln kann man vieles wiederfinden das auch hier zu lesen ist!

      Den Artikel sollte man allerdings – so wie vieles auf dieser Welt – nicht allzu ernst nehmen. Mir ging es in keinster Weise darum, platt über die Stadt herzuziehen, sondern mein persönliches Bild niederzuschreiben.

      PS: ja, die Burgerläden sind wirklich gut!

  • Marlene

    Der Artikel war nett zu lesen und musste mehrmals schmunzeln. Liebe Grüße aus Berlin! 🙂

  • blablub

    Ich finde tatsächlich auch, dass es seltsam ist, von Vielschichtigkeit zu schreiben und dann einzelne Strömungen zu „dem Berlin“ zu erklären. Solche Urteile sind in Berlin einfach schwierig zu fällen, dafür ist es nämlich tatsächlich zu vielschichtig. Dass du das mit den Türken so siehst wie du es tust, zeigt sehr deutlich den Unterschied zwischen dir und einem Berliner: für uns ist das Zusammenleben Alltag und die Gegebenheiten und Schwierigkeiten die daraus entstehen sehen müssen flexibel gesehen werden, wenn die Kinder nun mal nicht genug Deutsch können, wenn sie in die Schule kommen, dann ist es halt praktisch, wenn die Lehrer türkisch können. Das heißt ja nicht dass der ihre ganze Ausbildung auf türkisch stattfindet. Berlin als die Hauptstadt der Türkei zu bezeichnen tut da sein übriges um aufzuzeigen, wie wenig du unsere Stadt begriffen hast. Insgesamt finde ich deinen Artikel leider sehr urteilend, wo es dir meiner Meinung nach nicht zusteht zu urteilen. Es ist eine Sache, eine Stadt in Worten versuchen einzufangen (was zugegebenermaßen sehr schwer ist, nicht mal ich als Berliner könnte das in 5 Absätzen), aber so manche Schlüsselwörter wie verlogen, rausfliegen, „Tiere essen ist ach so böse“, ausgestorben, wenigstens, anstrengend, beschuldigen legen doch eine sehr unangenehme Note bei.

    „Hier kann man machen was man will.“ – eben. Berliner werden nämlich nicht so schnell urteilen, egal ob du Türke, Veganer, Hipster, Normalo, Nerd, Punk, homosexuell, Fußballfan, Hippie oder Studiumsabbrecher bist. Berlin hat so viel mehr Viertel als Kreuzberg, Neukölln und Friedrichshain und so viel mehr Gesichter. Wofür wir allerdings keinen Platz haben, sind Intoleranz und rechtes Denken.

    Peace, eine unerfreute Berlinerin

    • firsara

      Dass der Part über die Türkei so anstößig aufgefasst wird, war nicht meine Absicht. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich bin weder intolerant noch rechtsradikal. Die Situation mit den Lehrern, die türkisch lernen müssen, gibt es auch hier in Österreich und war nicht gegen Berlin oder Türken im Allgemeinen gemeint. Nachdem das aber offenbar falsch aufgefasst wird, habe ich diese Passage entfernt.

  • firsara

    Roman Schönbichler, der mittlerweile 5 Jahre – was wohl über den touristischen 1 Monat hinaus geht – in Berlin lebt, hat letztens einen recht treffenden Artikel zu der Stadt geschrieben: http://westpoint.at/online_pdf_ausgabe10/WestPoint_Ausgabe10_Online.html#p=30

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