Making of Langzeitbelichtung Kaufhaus Tyrol
Nachdem ich letztes Jahr meine Leidenschaft für Langzeitbelichtungen entdeckt habe möchte ich euch einen kleinen Einblick in meinen Workflow, Equipment und Setup geben.
Bilder vom Kaufhaus Tyrol und andere Langzeitbelichtungen in Innsbruck können bei mir im Shop gekauft werden.
Equipment
Kamera
Canon EOS 6D. Natürlich kommt man auch mit einer günstigeren Kamera durch, gerade bei langen Belichtungszeiten um die 10 Minuten entsteht aber unweigerlich Bildrauschen welches bei Vollformatkameras grundsätzlich etwas geringer ausfällt.
Linse
Canon 16-35mm 1:4 L IS USM. Relativ neues Weitwinkelobjektiv von Canon. Knackscharf und dank Bildstabilisierung bei schlechten Lichtverhältnissen selbst ca. 0,5 Sekunden aus der Hand haltbar. Goil.
ND-Filter
Slim Graufilter ND1000 77mm. Um einiges günstiger als ein LEE-Filter-System und trotzdem sehr gute Qualität. Nachteilig ist natürlich dass man sich für eine bestimmte Filtergröße entscheiden muss und bei der Verwendung die Filter immer auf- und abdrehen muss. Für mich verkraftbar.
Empfehlenswert ist es, sich einen ND 3.0 (10 Stufen), ND 1.8 (6 Stufen) und ND 0.9 (3 Stufen) zuzulegen. Dadurch kann man diese beliebig kombinieren und 3, 6, 9, 13, 16 oder 19 Blendenstufen an Licht schlucken lassen. Je nach Lichtverhältnissen und Bedarf.
Wenn man beispielsweise ohne ND-Filter eine Belichtungszeit von 1/125 bei Blende 8 und ISO 100 erreicht käme man mit allen drei Filtern auf eine Belichtungszeit von ca. 1h 10m. Das sollte ausreichen!
Stativ
Manfrotto Befree Reisestativ. Natürlich lang nicht so stabil wie ein solides Carbon-Stativ. Vor allem aber Preis-Leistungstechnisch sehr gut und außerdem kompakt für Reisen und zum „einfach mal mitnehmen“.
Fernauslöser
Ayex Timer-Fernauslöser N3. Wer nicht minutenlang seinen Finger auf dem Auslöser halten möchte braucht einen Fernauslöser. Zudem werden dadurch natürlich auch weitere Erschütterungen an der Kamera verhindert und das Bild wird dadurch schärfer.
Setup
Als allererstes geh ich meistens zur Location und knipse einfach aus der Hand ein paar Fotos damit ich sehe aus welchem Blickwinkel und mit welcher Brennweite der Shot am besten aussehen könnte. Wenn ich mich schonmal grob für einen Bildausschnitt entschieden habe packe ich mein Stativ aus und schnall die Kamera drauf.
Danach bieg ich die Kamera nochmal perfekt zurecht und checke über WLAN am iPhone in Ruhe ob der Ausschnitt perfekt sitzt. Wenn mir soweit alles passt steck ich den Fernauslöser an die Kamera und schalte die Bildstabilisierung an der Kamera aus (theoretisch könnte diese das Bild etwas unscharf machen, da versucht wird, Erschütterungen auszugleichen – die ja aber dank Stativ eigentlich gar nicht vorkommen sollten).
Danach guck ich mir die Wolken an und beobachte kurz wie schnell sich diese bewegen. An windigen Tagen – und je nach gewünschtem Effekt – reicht eine Belichtungszeit von ca. 1-2 Minuten. Stehen die Wolken eher starr rum, muss es schon etwas mehr sein. 5 Minuten oder mehr als Richtwert. Im konkreten Beispiel vom Kaufhaus Tyrol waren es 10 Minuten.
Habe ich mich für meine gewünschte Belichtungszeit entschieden heißt es rechnen: Ich gehe wenn möglich immer von Blende 8 und ISO 50 aus. Mit diesen Einstellungen kann man ein Testbild im AV-Modus schießen und sich die Belichtungszeit von der Kamera errechnen lassen. Gehen wir einfach mal als Beispiel davon aus, dass wir an einem hellen Tag mit 1/250 raus kommen.
Die benötigten ND-Filter für die gewünschte Zeit könnte man sich natürlich auch mit einem Taschenrechner (pro Blendenstufe die Zeit halbieren) oder im Kopf ausrechnen. Mit einer App wie Long Exposure Calculator App geht’s jedoch schneller und einfacher.
Bei dem Beispiel wären alle drei ND-Filter mit 35 Minuten etwas zu viel. Mit 16 Stufen (ND 3.0 + ND 1.8) allerdings kämen wir auf ca. 4,5 Minuten. Das klingt ja schonmal besser. Um jetzt auf die gewünschten 10 Minuten zu kommen können wir einfach die Blende oder den ISO-Wert beeinflussen. Ich entschied mich für Blende 8 und ISO 100. Damit wären wir bei 9 Minuten. Etwas auf- bzw. abrunden und abschätzen muss man dann natürlich trotzdem noch.
Ich fokussiere nun also vor, stelle auf manuellen Fokus um, schraube die ND-Filter drauf und wechsle in den Bulb-Modus. Dann stelle ich die 10 Minuten auf dem Fernauslöser ein, checke nochmal ob soweit alles passt und dann heißt es warten. In der Wartezeit kann man ganz gut E-Mails beantworten oder einen Kaffee schlürfen.
Hier ein paar Bilder währden dem Aufbau. Achtung: wer sich nicht gern auf dem Boden wälzt sollte die Finger von urbanen Langzeitbelichtungen lassen.
Ergebnis
Bildwirkung
Hier nochmal ein Beispiel von den Säulen am Marktplatz in Innsbruck, das zeigt, welchen Unterschied es ausmachen kann, wenn dasselbe Bild mit einer „normalen“ Belichtungszeit aufgenommen wird oder eine lange Zeit von mehreren Minuten verwendet wird.
Ich hoffe der kleine Einblick war für euch hilfreich. Bei Fragen einfach in’s Kommentarfeld posten! 🙂
Habt ihr auch schonmal mit Langzeitbelichtungen experimentiert? Postet eure Ergebnisse hier in’s Kommentarfeld!
Bilder vom Kaufhaus Tyrol und andere Langzeitbelichtungen in Innsbruck können bei mir im Shop gekauft werden.
Dreh mit Tirol TV
Laurin Gausch von Tirol TV hat im Bezug auf meine Innsbrucker-Architektur-Serie einen kleinen Beitrag über mich gedreht. Hier der fertige Beitrag und ein paar behind the scenes Bilder. Wir hatten sichtlich Spaß, guter Mann der Laurin 🙂